Rechtstipp des Monats

dfa2018 Rechts-Tipp / Mai 2019

Oft unklar: Wie trete ich ein Fahrverbot an?

Wenn es im Bußgeld- oder Strafverfahren um Fahrerlaubnismaßnahmen geht, tauchen Begriffe auf wie Fahrverbot, Entziehung der Fahrerlaubnis, Schonfrist und Sperrfrist. Ist eine Entscheidung rechtskräftig und steht die Führerscheinmaßnahme damit fest, stellen sich vielen Mandanten Fragen im Zusammenhang mit der Abgabe des Führerscheins.

Man muss zunächst grundsätzlich trennen:

Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis sind zwei grundlegend unterschiedliche Maßnahmen.
Ein Fahrverbot gilt für eine festgesetzte Zeit. Der abzugebende Führerschein wird nach Ablauf der Frist wieder an den Betroffenen herausgegeben. Fahrverbote gibt es im Bußgeldverfahren und auch im Strafrecht. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis bedeutet im Ergebnis natürlich auch, dass der Führerschein abzugeben ist (gewöhnlich befindet er sich in diesen Fällen aber ohnehin schon bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft); der Führerschein wird nach Rechtskraft des Verfahrens aber nicht wieder herausgegeben, sondern vernichtet. Eine neue Fahrerlaubnis und ein neuer Führerschein muss bei der Fahrerlaubnisbehörde beantragt werden. Einen Automatismus gibt es nicht. Wer nicht selbst tätig wird, bekommt auch keinen Führerschein.
Grundsätzliches zum Fahrverbot

Ein Fahrverbot wird im Bußgeldverfahren mit der Rechtskraft des Verfahrens wirksam oder spätestens vier Monate nach Eintritt der Rechtskraft. Die jeweilige Variante hängt davon ab, wie es im Bußgeldbescheid festgesetzt oder im gerichtlichen Verfahren ausgeurteilt ist. Nur derjenige, gegen den innerhalb einer Frist von zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit, die zum Fahrverbot geführt hat, kein früheres Fahrverbot verhängt worden war, bekommt im Bußgeldverfahren die Schonfrist von vier Monaten zugesprochen. Sonst beginnt das Fahrverbot mit der Rechtskraft des Verfahrens. Rechtskraft tritt ein, wenn gegen eine Entscheidung kein Rechtsmittel (Einspruch, Rechtsbeschwerde, Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde) mehr möglich ist.

Im Strafverfahren, also nach einem Strafbefehl oder Strafurteil mit ausgesprochenem Fahrverbot, beginnt das Fahrverbot spätestens einen Monat nach Eintritt der Rechtskraft. Hier ist die Schonfrist von einem Monat nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig. Für beide Verfahrenswege (Strafrecht oder Bußgeldrecht) gilt aber immer, dass innerhalb der Schonfrist von vier oder einem Monat auch früher mit dem Fahrverbot begonnen werden kann, natürlich auch im laufenden Monat, theoretisch sogar an einem Wochenende, sofern man eine Behörde findet, die den Führerschein am Samstag oder Sonntag entgegennimmt.
Zur Abgabe des Führerscheins

Für die sogenannte Vollstreckung des Fahrverbotes (Aufbewahrung des Führerscheins) ist die Bußgeldstelle oder die Staatsanwaltschaft zuständig. Ist Grundlage eines Fahrverbotes ein Bußgeldbescheid, muss der Führerschein für die Vollstreckung zur Bußgeldstelle. Ist Grundlage ein gerichtliches Urteil, muss der Führerschein zur Staatsanwaltschaft. Davon gibt es eine Ausnahme. Im gerichtlichen Verfahren kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Urteil ergehen, mit dem der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid für unzulässig erklärt und verworfen wird. In diesem Fall ist wieder der Bußgeldbescheid Ausgangsbescheid für das Fahrverbot. Der Führerschein muss also auch hier zur Bußgeldstelle.

Immer gilt, dass das Fahrverbot ab seiner Wirksamkeit greift und Fahren danach einen Straftatbestand darstellt. Die Fahrverbotsfrist beginnt jedoch erst ab Eintreffen des Führerscheins in amtlicher Verwahrung. Die Abgabe bei der Post zählt nicht. Der einfachste Weg zum Antritt des Fahrverbotes ist die persönliche oder per Boten organisierte Abgabe des Führerscheins bei der Vollstreckungsbehörde. Der Abgabetag ist dann bekannt. Daraus errechnet sich sofort der Tag des Fristendes.

Manchmal ist diese Variante aber nicht möglich oder wegen der Distanz zwischen Wohnort und Sitz der Behörde zu umständlich. Dann gibt es verschiedene Wege zur Lösung des Problems. Der Führerschein kann per Post verschickt werden. Es empfiehlt sich die Versendung per einfachen Einschreibens. Von einem Rückschein ist eher abzuraten, denn dann ist auf der Seite der Behörde eine Reaktion erforderlich und ein Eintreffen des Führerscheins an einem Samstag von vornherein ausgeschlossen, schließlich muss der Postbote jemanden zur Unterzeichnung des Rückscheins antreffen können. Unglücklich ist bei Postversand immer, dass man die Sendungsdauer nicht kennt, also nicht genau wissen kann, ab wann man nicht mehr fahren darf. In Ausnahmefällen kann der Versand mehrere Tage dauern, wie ein Fall aus der Praxis zeigte, in dem der Führerschein tatsächlich erst nach 10 Tagen bei der Staatsanwaltschaft München eingetroffen war. Der Absender war vom nächsten Tag nach Aufgabe bei der Post ausgegangen und hatte ab dann auf das Fahren verzichtet. Das ist Pech und gewöhnlich nicht korrigierbar.
Regionale Besonderheiten bei der Abgabe des Führerscheins

In Brandenburg kann bei Fahrverboten aus Brandenburg der Führerschein bei allen Polizeidienststellen abgegeben werden. Bitte den Bußgeldbescheid oder das Urteil in Kopie mitführen, damit klar ist, wohin der Führerschein von der Polizei weitergeleitet werden muss. Die amtliche Verwahrung beginnt in diesen Fällen mit der Abgabe bei der Polizei. Ob auf diese Weise auch ein Fahrverbot aus anderen Bundesländern in Brandenburg angetreten werden kann, sollte bei der Polizei Brandenburg vorher erfragt werden.

In Sachsen sind die Polizeidienststellen zur Annahme von Führerscheinen nicht generell berechtigt. Die Dienststellen in Dresden nehmen aufgrund Weisung keine Führerscheine entgegen. Allerdings lassen sich Fahrverbote von anderen Bußgeldstellen (auch aus anderen Bundesländern) auch bei der Bußgeldstelle in Dresden, Theaterstraße 11, vollstrecken. Dies kostet dort zusätzlich 15 Euro Gebühr und die Bußgeldstelle muss in der Lage sein, die Rechtskraft des Ausgangsverfahrens durch Anruf bei der Ausgangsbußgeldstelle prüfen zu können. Also ist man für den Antritt des Fahrverbotes bei dieser Variante auf die Öffnungszeiten der Dresdner und der anderen Bußgeldstelle angewiesen.

Zu betonen ist, dass eine Abgabe des Führerscheins in der Zulassungsstelle Dresden oder der Fahrerlaubnisbehörde Dresden (wie schon vorgekommen!) zu Problemen führen kann. Bei einer persönlichen Abgabe wird vermutlich darüber aufgeklärt, dass die Bußgeldstelle die richtige Behörde ist. Hingegen kann dies bei Einwurf des Führerscheins in den dortigen Briefkasten nicht geschehen und der Führerschein könnte anschließend in dieser Behörde oder anderswo „umherirren“ (in einem Fall war er beim städtischen Fundbüro gelandet).

Außerhalb Dresdens wird man sich sicherheitshalber bei Ordnungsämtern oder Polizei erkundigen müssen, ob und wo Führerscheine in amtliche Verwahrung genommen werden können. Sonst kann man am geplanten Abgabetag Überraschungen erleben und scheitert bei dem Versuch, das Fahrverbot in eine genau bestimmte und gewünschte Zeit zu legen.
Strafrechtliche Fahrverbote

Das Vorgenannte trifft im Grunde auch auf strafrechtliche Fahrverbote zu. Am einfachsten ist die Abgabe des Führerscheins bei der zuständigen Staatsanwaltschaft (nicht beim Gericht der Ausgangsentscheidung). Das strafrechtliche Aktenzeichen sollte bei Abgabe angegeben werden. Bei der Staatsanwaltschaft gibt es in aller Regel sogar Nachtbriefkästen, so dass der Tag des Posteingangs festgestellt werden kann und man dadurch einen Führerschein auch außerhalb der Geschäftszeiten zusammen mit Angabe des Aktenzeichens einwerfen kann. Wer innerhalb der Schonfrist mit dem Fahrverbot beginnt, darf bis zur Abgabe bzw. bis zum Einwurf in den Briefkasten noch fahren und kann mit nächtlichem Einwurf bis Mitternacht quasi noch den Abgabetag, der bei der Fristberechnung als erster Tag zählt, nutzen und damit den Monat um einen Tag „verkürzen“. Der erste Tag nach Ablauf eines Fahrverbotes, an dem man wieder fahren darf, ist der Tag im Folgemonat (je nach Länge des Fahrverbotes kann das auch der übernächste Monat oder ein späterer Monat sein), der von seiner Zahl her der Zahl des Abgabetages entspricht. Wer also am 05.02. abgibt, darf ab 05.03. wieder fahren. Wer am 31.01. abgibt, nutzt den Vorteil des kurzen Februars und darf außerhalb eines Schaltjahres schon wieder am 28.02. fahren.

 

Detailinformationen:
RA Klaus Kucklick, Tätigkeitsschwerpunkt Verkehrsrecht

Kucklick Börger Wolf & Söllner
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dfa2018 Rechts-Tipp / April 2019

Straßenverkehr: Ein Taschenrechner ist kein Handy …

 Klingt erstmal nicht abwegig. Tatsächlich hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem Rechtsbeschwerdeverfahren (Az.: 2 Ss OWi 175/18) mit der Frage zu beschäftigten, ob ein Taschenrechner ein elektrisches Gerät ist, welches, wie bspw. ein Handy, der Kommunikation, Information oder Organisation dient. Dann dürfte es nämlich wegen § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung im Straßenverkehr weder aufgenommen noch gehalten werden.

Hintergrund: Der Rechtsbeschwerdeführer wurde wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung „geblitzt“. Er behauptete allerdings, er habe kein Handy, sondern einen Taschenrechner in der Hand gehalten.

Vor dem erstinstanzlichen Amtsgericht Delmenhorst legte der Betroffene den Taschenrechner vor. Tatsächlich wies dieser eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem auf dem „Blitzer“-Foto zu sehenden Gegenstand auf. Das Ausgangsgericht verurteilte den Betroffenen dennoch wegen „Halten eines elektronischen Gerätes“ zu einer Geldbuße.

Fazit: Das OLG Oldenburg hob die Entscheidung auf. Ein Taschenrechner lasse sich nicht als ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung diene, bezeichnen. Auch der Gesetzgeber habe vom vollständigen Verbot der Nutzung von elektronischen Geräten abgesehen. Nach der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO fallen unter den Begriff des elektronischen Geräts daher u. a. Handys, Tablet-Computer, Touchscreens, elektronische Terminplaner, Diktiergeräte, Walkman, Discman und Notebooks; Taschenrechner dagegen nicht.

Weshalb der Rechtsbeschwerdeführer überhaupt einen Taschenrechner in der Hand hielt, war den Gründen der Entscheidung übrigens nicht zu entnehmen.

 

Detailinformationen:
RA Clemens Biastoch, Tätigkeitsschwerpunkt Verkehrsrecht

Kucklick Börger Wolf & Söllner
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dfa2018 Rechts-Tipp / Februar 2019

Rechts vor links? – Voraussetzungen für einen Vorfahrtsverzicht

Soweit eine besondere Regelung durch Verkehrszeichen fehlt, gilt an Kreuzungen grundsätzlich die allgemein bekannte Regelung „rechts vor links“. Damit lassen sich in der Regel sämtliche Verkehrssituationen an Einmündungen und Kreuzungen verlässlich regeln. Was aber, wenn ein Verkehrsteilnehmer auf die Vorfahrt verzichtet und es dann zu einem Unfall kommt?

Gerade im innerstädtischen Bereich außerhalb der großen Hauptstraßen kann es jedoch gelegentlich bei der Umsetzung dieser Verkehrsregeln Schwierigkeiten geben. Oftmals ist es aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich, als Vorfahrtsberechtigter vor dem wartepflichtigen Verkehr eine Kreuzung zu überqueren bzw. abzubiegen. Um den Verkehrsfluss auf der Kreuzung nicht vollständig zum Erliegen zu bringen, ist es in einem solchen Fall notwendig, dass ein eigentlich bevorrechtigter Fahrzeugführer auf sein Vorfahrtsrecht verzichtet.

An dieser Stelle tut sich für den an sich wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer in der Folge ein Problem auf. Für ihn stellt sich nämlich die Frage, unter welchen Voraussetzungen er tatsächlich davon ausgehen darf, dass der andere Pkw-Führer auf sein Vorfahrtsrecht verzichtet und ihm den Vorrang einräumt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte in seinem Beschluss vom 23.11.2018 (Az.: 7 U 35/18) sich mit einem solchen Fall beschäftigen müssen. Eine Fahrradfahrerin befuhr eine verkehrsberuhigte Straße und wollte ihre Fahrt geradeaus über eine von rechts einmündende Straße hinweg fortsetzen. Der Kreuzungsbereich war nicht durch Verkehrsschilder geregelt. Der Unfallgegner näherte sich von rechts und hielt im Kreuzungsbereich an, da er seinerseits ein von rechts herannahendes Fahrzeug zu beachten hatte. Als er wieder anfuhr, kam es zur Kollision.

Das OLG Hamm wies die gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegte Berufung zurück und wies darauf hin, dass von einem Vorfahrtsverzicht, wie von Klägerseite behauptet, nur auszugehen sei, wenn der Berechtigte seinen Verzichtswillen in unmissverständlicher Weise zum Ausdruck bringt. Allein aus dem Umstand, dass der Berechtigte an der Kreuzung abgestoppt hat, lässt sich kein Vorfahrtsverzicht nach Auffassung des OLG ableiten. Bei „Irritationen“ müsse sich der Wartepflichtige eindeutig verhalten, so wie es die allgemeine Vorfahrtsregelung von ihm verlange. Ein Verzicht kann daher nur angenommen werden, wenn dieser eindeutig – beispielsweise per Geste – angezeigt wird. Bloßes Abstoppen reicht nicht aus.

Detailinformationen:
RA Andreas Holzer, Tätigkeitsschwerpunkt Versicherungsrecht
Tel. (0351) 80 71 8-68, E-Mail

Kucklick Börger Wolf & Söllner
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dfa2018 Rechts-Tipp / März 2019

Urlaub erlischt am 31.12. oder am 31.03. oder doch noch viel später?

Bislang erlosch der Anspruch des Arbeitnehmers auf Jahresurlaub mit Ablauf des 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres. Bei einer sogenannten Übertragung, was regelmäßig eines triftigen Grundes bedarf, erlischt der Urlaubsanspruch mit Ablauf des 31.03. des Folgejahres.

Nun hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19.02.2019 geurteilt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über den konkreten Urlaubsanspruch sowie die Verfallfristen belehrt haben muss, damit der Urlaubsanspruch tatsächlich untergeht.
Diese Änderung der bisherigen Rechtsprechung zum Urlaubsrecht entspringt einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH vom 06.11.2018), bei welcher das Gericht davon ausgeht, dass es dem Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BurlG vorbehalten ist, die zeitliche Lage des Urlaubs festzulegen und dabei die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber obliege unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs.

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer somit ausdrücklich auffordern, den vereinbarten Jahresurlaub in natura zu nehmen. Der Arbeitgeber muss nach dieser Sichtweise dem Arbeitnehmer klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugs- bzw. Übertragungszeitraums ersatzlos verfällt, wenn er nicht rechtzeitig in Anspruch genommen wird. Damit wird ein Urlaubsverfall nur durch bloßen Zeitablauf zukünftig schwerlich möglich sein, wenn die Arbeitgeberseite die Arbeitnehmer nicht auf den Verfall sowohl ausdrücklich als auch so rechtzeitig hingewiesen hat, dass eine Urlaubsnahme noch möglich ist.

 

Detailinformationen:
RA Carsten Fleischer, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht
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dfa2018 Rechts-Tipp / Januar 2019

Wie Krankenstand effektiv senken?

 Ein hoher Krankenstand im Unternehmen ist häufig ein Ärgernis für den Arbeitgeber. Viele Arbeitgeber kennen jedoch gar nicht die Möglichkeiten, welche das Gesetz zur Verfügung stellt, um hierauf proaktiv einzuwirken. Ein solches Mittel, welches hier vorgestellt werden soll, ist die Auslobung und Zahlung einer Sonderprämie an die Arbeitnehmer und deren Kürzung bei u. a. krankheitsbedingter Arbeitsabwesenheit.

Der Gesetzgeber bietet mit § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) dem Arbeitgeber eben diese Möglichkeit.

Um jedes Missverständnis von vornherein zu vermeiden, ist zu konstatieren, dass Kürzungsmöglichkeiten nur und ausschließlich in Bezug auf Sondervergütungen, z. B. einer sogenannten „Gesundheitsprämie“, und niemals bezüglich der regelmäßigen Arbeitsvergütung angewandt werden können.

Zunächst ist zu klären, was eine „Sondervergütung“ im Sinne der gesetzlichen Regelung ist. § 4 a EFZG definiert den Begriff der Sondervergütung als Leistung, „die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt". Diese Legaldefinition lässt offen, ob nur Einmalzahlungen oder auch laufende Zusatzzahlungen erfasst werden sollen. In der Regel werden Sondervergütungen solche Leistungen sein, die aus einem besonderen Anlass einmal oder zweimal jährlich ausgezahlt werden. In Betracht für eine solche Sondervergütung käme z. B. eine einmalig pro Kalender- oder Geschäftsjahr auszuzahlende „Gesundheitsprämie“, welche zur Motivation der Mitarbeiter ausgelobt wird.

Im Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Kürzungsmöglichkeiten zwischen den Vertragsparteien vereinbart sein müssen. Die gesetzliche Regelung umfasst dem Wortlaut nach nur Kürzungsmöglichkeiten für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit. Über weitere Verweisung bestehen Kürzungsmöglichkeiten aber auch bei Fehlzeiten, die auf Grund von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation entstehen, für Fehltage aufgrund Arbeitsunfähigkeit, die auf einem Arbeitsunfall beruht sowie für Fälle der fehlenden Arbeitsleistung aus sonstigen Gründen, wie z. B. für jeden vollen Monat des Ruhens des Arbeitsverhältnisses im jeweiligen Kalenderjahr, bei Wehr-/Zivildienst, Elternzeit oder Sabbatical.

Die ausgelobte Sondervergütung, z. B. eine „Gesundheitsprämie“, kann aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, unentschuldigten Fehlzeiten sowie anderen Ruhenstatbeständen dann gekürzt werden, wenn eine ausdrückliche und unmissverständliche Vereinbarung hierzu zwischen den Parteien vorliegt. Dies kann im Arbeitsvertrag bzw. einer Ergänzung hierzu aber auch in einer Betriebsvereinbarung erfolgen.

 

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RA Carsten Fleischer, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht
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Kucklick Börger Wolf & Söllner
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